Freitag, 15. April 2011

Bundesverfassungsgericht erteilt Dreiteilungsmethode des BGH zum nachehelichen Unterhaltes Absage #xng

Bundesverfassungsgericht erteilt Dreiteilungsmethode des BGH hinsichtlich des nachehelichen Unterhaltes eine Absage

 

Am  01.01.2008 trat das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts in Kraft. Ziel der Gesetzesänderung war es, das Unterhaltsrecht an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und einen bestehenden Wertewandel anzupassen, sowie eine Entlastung der Zweitfamilien herbeizuführen.[1]

Seitdem gilt im nachehelichen Unterhaltsrecht der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung  für den geschiedenen Ehegatten gem. § 1569 BGB.

Daher obliegt es nach der Scheidung jedem Ehegatten selbst, für seinen Unterhalt zu sorgen. Nur wenn er dazu nicht in der Lage ist, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den Vorschriften der §§ 1570 bis 1573 BGB. Dies sind der sog. Betreuungsunterhalt, Unterhalt wegen Alters, Gebrechens- oder Krankheitsunterhalt, sowie Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt.

Hinzu kam die neue Vorschrift des § 1578b BGB, welcher eine Befristungs- und Begrenzungsmöglichkeit des nachehelichen Unterhalts vorsieht.

Neu geregelt wurde auch das Rangfolgeverhältnis bei Vorliegen mehrerer Unterhaltsberechtigter. Die Rangfolge legt nun § 1609 BGB fest.

Grundannahme im Unterhaltsrecht ist, dass sich der Unterhalt nach den ehelichen Verhältnissen richtet. Der BGH stellt zunächst zur Bestimmung der ehelichen Verhältnisse auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung ab.[2]

Veränderungen nach Rechtskraft der Scheidung wurden nur dann in die Berechnung miteinbezogen, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde lag, die zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen ist und deren Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte.[3]

Mit Urteil vom 29.01.2003 hat der BGH begonnen, seine bisherige, im Wesentlichen am Stichtag der Scheidung der Rechtskraft orientierte Rechtsprechung zur Bestimmung des Unterhaltsmaßes aufzugeben. Er ging er nun davon aus, dass die für die Höhe des Unterhaltsbedarfes entscheidenden Lebensverhältnisse einer geschiedenen Ehe Veränderungen unabhängig davon erfahren können, ob diese in der Ehe angelegt waren.[4]

Im Urteil vom 06.02.2008[5]hat der BGH auch nach Rechtskraft der Scheidung entstehende Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und mit Urteil vom 30. Juli 2008 auch gegenüber einem neuen Ehepartner in die Bemessung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten nach §1578 I 1 BGB einbezogen.[6]

Dabei verlangte der Grundsatz der Halbteilung

 ( Einkünfte Mann + Einkünfte Frau /2)

dass dem Unterhaltspflichtigen derselbe Betrag verbleibt, den er dem Unterhaltspflichtigen zu leisten hat. Folgt nun dem einen unterhaltspflichtigen Ehegatten einer neuer nach, weil beispielsweise der Ehemann erneut geheiratet hatte, entwickelte der BGH hierzu die sog. Dreiteilungsmethode.

Dem Ehemann im o.g. Beispiel muss nach Ansicht des Gerichts ebenso wie den beiden Unterhaltspflichtigen ein Drittel aller verfügbaren Mittel zukommen. Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten errechnete sich daher grob so, dass sein bereinigtes Einkommen ebenso wie dasjenige des Unterhaltspflichtigen und dessen neuer Ehefrau zusammengefasst und durch drei geteilt wird.

 Einkünfte geschiedene Ehefrau + Einkünfte neuer Ehegatte +  Einkünfte Unterhaltspflichtiger  /2

 

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

Im Leitsatz gab das Bundesverfassungsgericht an, dass die zu § 1578 I 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ unter Heranziehung der Dreiteilungsmethode sich vom Grundgedanken des Gesetzgebers hinsichtlich der Berechnung des nachehelichen Unterhals löst. Hierbei wurde die Grenze der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten und damit Art. 2 I GG i.V.m. 20 III GG verletzt.[7]

Eine der relevantesten Stellen der Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht lautete:

„Bezieht die Rechtsprechung bei der Bedarfsermittlung auch Entwicklungen nach Rechtskraft der Scheidung mit ein und geht insofern von den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aus, muss bei den berücksichtigten Veränderungen zumindest ein gewisser Bezug zu den "ehelichen Lebensverhältnissen" vorhanden sein, damit die Rechtsauslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist. Dies kann bei Entwicklungen angenommen werden, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die, wie bei einer unvorhersehbaren nachehelichen Einkommensverringerung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen, soweit sie nicht vorwerfbar herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 -, FamRZ 1992, S. 1045 <1046 f.>), bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten. Ein Bezug zu den "ehelichen Lebensverhältnissen" lässt sich jedoch nicht mehr bei Veränderungen herstellen, die gerade nicht auf die Ehe zurückzuführen sind, weil sie nur und erst dadurch eintreten konnten, dass die Ehe geschieden worden ist, wie dies bei Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten, die durch erneute Heirat des Unterhaltspflichtigen entstanden sind, der Fall ist. Dabei führt die Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung des in  den beiden Unterhaltsverbänden insgesamt erzielten Einkommens zur völligen Loslösung von den "ehelichen Lebensverhältnissen", weil hierdurch der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten auch noch von der Einkommenssituation des nachfolgenden Ehegatten abhängt. Es überschreitet die Grenzen des Wortlauts von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB derartige nacheheliche Änderungen, die nicht ehe-, sondern scheidungsbedingt sind, also die Auflösung der Ehe voraussetzen, in  die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten einzubeziehen.“

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass für das Bundesverfassungsgericht  nach wie vor die ehelichen Lebensverhältnisse maßgebend sind. Eine Unterhaltsbegrenzung darf daher nicht von Änderungen der Lebensverhältnisse des Unterhaltsschuldners abhängiggemacht werden darf, die erst nach Rechtskraft der Scheidung entstehen.



[1]BT -Drucksache 16/1830 S.1 ff.

[2]BGH in FamRZ 1982, 360,361

[3]BGH in FamRZ 1986, 148,149

[4]BGHZ 153, 358, 364; BGHZ 171, 206,251

[5]BGHZ 175, 182,195

[6]BGHZ 177,356,367ff.

[7]BVerfG vom 25.01.2011 Az: 1 BvR 918/10




Link zum Originalbeitrag:
http://www.drherzog.de/ra2gy7z

Geschrieben von:
Rechtsanwalt Peter Dürr

Rechtsgebiete:
Familienrecht,

Schlagwörter:
Recht, Rechtsanwalt, Rosenheim,

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